Für Anfang 2012 gibt's Tango News, made in Germany vom
Cuarteto Bando und von
Iwan Harlan. In Vielem unterscheiden sie sich voneinander: Quartett vs. Solokünstler, analog vs. digital, traditionell vs. Electro, Ost vs. West
...doch was sie auf jeden Fall gemeinsam haben, ist die Leidenschaft für den Tango!
Beginnen wir mit
Cuateto Bando y Caio Rodriguez.
"Reflexión del Tango" heißt das zweite Album der vom Bandoneonisten Jürgen Karthe gegründeten Formation. Nachdem sie auf ihrem ersten Album
"Tango A Tango" ausschließlich Instrumentalversionen präsentierten, konnten sie für ihre zweite Produktion den Sänger Jorge Daniel "Caio" Rodriguez gewinnen, der den Emotionen, die diese CD zum Leben bringen und die Stücke fast zerreißen, seine samtig bis klare, charakterstarke Stimme leiht. Unter den insgesamt 22 Stücken finden sich – getreu dem Programm des Quartetts – viele traditionelle Tangos, von denen aber viele grandios neu bzw. auf eigene Art interpretiert sind. Besonders beachtenswert ist unter diesem Gesichtspunkt etwa die Interpretation von "Percal" (Track 17). Zusätzlich runden das Album neben zwei "Piazzollas" auch drei Eigenkompositionen ab (Track 5, 6 und 19)!
Auch wenn das "Bando" im Namen der Formation so etwas wie eine Koseform für Bandoneón ist, wird schnell klar, dass es auf dieser CD nichts zu verniedlichen gibt! Jürgen Karthes Bandoneón ist eher vollmundig, zerrissen, expressiv und offensichtlich sehr erfahren. Und das Klavier wirkt oftmals gar mächtig! So zum Beispiel in "Ventanita de Arrabal" (Track 3), einem meiner Favorites auf der CD. "Gricel" (Track 4) gefällt mir ebenfalls sehr gut und auch die Eigenkomposition "La Primavera Tarde" (Track 19) ist toll... und ich könnte noch ein bisschen so weiter machen
Das Cuarteto, dass sich seit seiner Gründung 2006 einen festen Platz in der internationalen Tangoszene erspielen konnte, ist nach dem
Sexteto Andorinha und dem Duo
Tango Amoratado die dritte Formation des Tangofanatikers Jürgen Karthe. Wem diese CD gefällt, für den lohnt es sich garantiert, auch in die anderen Aufnahmen reinzuhören, ebenso wie in das
erste Album von Cuarteto Bando.
Von diesen klassischeren Arrangements kommen wir zu modernen elektronischen Interpretationen dieser großartigen Musik:
Iwan Harlans "Elonga Musik Vol. 1" ist elektronisch, experimentell, emotional... und tanzbar.
Was sicherlich auch daran liegt, dass Harlan selbst Tangolehrer ist. Darüber hinaus ist er Soundengineer und musikalisches Multitalent und beehrt uns nach unzähligen Produktionen in anderen Genres nun endlich auch mit einem (E-)Tangoalbum!
Der Sound den er kreiert, bewegt sich zwischen extremem Drive und melancholisch-zurückgezogener Atmosphäre, die einen alles außer dem eigenen Tanz ausblenden lässt. An anderen Stellen ist das Album loungig, manchmal auch etwas poppig. Aber immer können wir uns dabei auf einen guten Rhythmus verlassen, z.B. auch bei den 'Gastauftritten' von Harlans Balkan-Ensemble Turlitawa (Tracks 12 und 13).
Neben reichlich "Nontango"-Einflüssen finden sich auf dieser CD viele Elemente, die man bei den Großen des E-Tangos so schätzen gelernt hat. "Conspiration" (Track 6) ist dafür ein sehr gutes Beispiel. Und "Bouffon" (Track 2) könnte zum 'Klassiker' werden, und uns auf Nuevo-Milongas noch eine ganze Weile begleiten!